Zuzanna Czebatul
Vortex Reloaded
19.08.2023 - 17.09.2023
Für die zweite Ausstellung der neueröffneten Kunsthal Thy ist Zuzanna Czebatul eingeladen, ihre Ar-beit Vortex Reloaded zu zeigen. Die 10 x 12 Meter große Bodenarbeit besteht aus über 200 Betonplatten, die zusammen über drei Tonnen wiegen und in einem speziellen Verfahren mit Pigmenten eingefärbt wurden. Sie entstand ursprünglich 2020 als Vortex (New Day Coming) für die 1881 erbaute Synagoge von Delme in Frankreich, welche im zweiten Weltkrieg zerstört wurde und seit den frühen 90er Jahren als Ausstellungsraum genutzt wird.
Ein Vortex definiert eine zirkuläre Bewegung um ein Gravitationszentrum, das Material anzieht, in Bewegung versetzt, es konzentriert, verdichtet und schließlich kulminieren lässt. Zuzanna Czebatuls Vortex zitiert die Opus Sectile Technik aus dem alten Ägypten, die in der römischen Antike ihr erstes großes Revival erlebte. Große Marmor-, Perlmutt- oder Glasscheiben werden hierfür auf ein Motiv zugeschnitten, statt wie beim Mosaik das Motiv mit vielen gleichförmigen kleinen Teilen zu füllen. Die Form der Fliesen selbst nimmt architektonische Elemente der Synagoge von Delme, wie den Tho-ra-Schrein, die Fenster und Säulen des Raums auf und zieht sie in einen abstrakten Malstrom. Zuzan-na Czebatuls Vortex ähnelt dabei einem Schwarzen Loch, das in der Lage ist, Zeiten miteinander zu verwirbeln und zu verquicken. So trägt er nicht nur die unterschiedlichen Zeitebenen des Materials und der Architektur der Delmer Synagoge mit sich in die Kunshal Thy - Er spiegelt mit ihrer Verwir-belung auch deren eigene vielschichtige Entstehungsgeschichte, die mit dem Bau des Bauernhofs Dovergaard im 16. Jahrhundert beginnt. Die Scheune selbst wurde 1837 erbaut und wenn man zur hölzernen Dachkonstruktion hinaufblickt, kann man dort Modifikationen und Reparaturen erkennen, die bis zu 150 Jahre zurückreichen. Überall im Holzwerk von Dovergaard findet man die Jahresmar-kierungen zahlreicher Handwerker, die im Laufe der Zeit hier gebaut, repariert und sich so in die Ge-schichte des Hauses eingeschrieben haben.
Zuzanna Czebatuls Vortex Reloaded , hält einen Punkt der Geschichte fest und blickt von diesem aus in die Vergangenheit, die sich dem konkreten Zugriff zu entwinden scheint. Sie passt wie keine andere Arbeit in die heutige Zeit des Dovergaard Gehöfts mit den umliegenden Grabhügeln und den hier ge-fundenen Spuren aus der Stein- und Bronzezeit. Denn aktuell wird hier entschieden, welche Epoche der Entstehung dieses Ensembles wie sichtbar gemacht und so für die Nachwelt revitalisiert wird. Hier wird ein Blick zurück geprägt, der einst selbst als Zeuge der Historizität seiner Epoche gelesen werden wird.
Zuzanna Czebatul (geboren 1986 in Miedzyrzecz, Polen) lebt und arbeitet in Berlin und hat an der Städelschule in Frankfurt am Main und am Hunter College in New York studiert. Ihre Arbeiten wur-den unter anderem in der Neuen Galerie in Kassel, bei sans titre, Paris; CAC Synagogue de Delme; GGM1 Municipal Gallery Gdansk; CCA FUTURA, Prag; CCA Zamek Ujazdowski, Warschau; und MINI/Goethe-Institut Curatorial Residencies Ludlow 38, New York gezeigt. Zuzanna Czebatul ge-wann 2022 den Allegro-Preis und den Preis der Erich Hauser Stiftung.
Zur zweiten Ausstellung in der Kunsthal Thy wird eine Gruppe von SchülerInnen der Schule für Kin-der mit ADHS und ASS, Trombakken, eingeladen, mit der Opus Sectile Technik zu arbeiten und ei-genen Fliesen herzustellen, die von Zuzanna Czebatuls Kunstwerk inspiriert sind.
Link zur Ausstellung Vortex (New Day Coming) im CAC – La Synagogue de Delme, 2020